Circular economy Net-zero emissions

Die Energie nutzen, die in regionalen Gemeinschaften zirkuliert

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Beim G20-Gipfel im Juni 2019 im japanischen Osaka waren unsere globale Umwelt und insbesondere die Abfallproblematik, die unsere eigene Gesundheit bedroht, wichtige Themen. Ein Schwerpunkt wurde dabei auf Maßnahmen gegen die Plastikverschmutzung unserer Meere gelegt. Angesichts unserer heutigen Lebensweise und unseren wirtschaftlichen Aktivitäten ist eine vollständige Vermeidung der Abfallentstehung jedoch völlig undenkbar. Daher finden Initiativen wie die größtmögliche Reduzierung des Abfallaufkommens, das Recycling und die Umwandlung von Abfall in Energie immer mehr an Bedeutung.

Die Lücke zwischen Abfallverwertung und -erzeugung schließen

― Das Weltwirtschaftswachstum entwickelt sich schneller als unsere Bemühungen um Verbesserungen in der Verwertung von Abfällen voranschreiten: dadurch bahnt sich eine Umweltverschmutzung katastrophalen Ausmaßes an

Reichtum, sowohl finanzieller als auch materieller Natur, hat der Entwicklung der Weltwirtschaft seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs maßgeblich die Richtung vorgegeben. Es war Anfang der 1970er Jahre, als endlich die Alarmglocken zu läuten begannen. Man begann, das Problem zu erkennen, das unsere Umwelt bedroht. Der Club of Rome, eine Organisation, die sich aus einflussreichen Personen aus der ganzen Welt zusammensetzt, arbeitete mit Forschern des Massachusetts Institute of Technology (MIT) zusammen. Gemeinsam riefen sie ein Projekt mit dem Titel „The Project on the Predicament of Mankind“ ins Leben, das die Auswirkungen von Themen wie der Endlichkeit unserer Erde und ihrer Ressourcen sowie der Umweltverschmutzung auf die Sozioökonomie aufzeigte. Die Ergebnisse der Studie wurden 1972 im Bericht „Die Grenzen des Wachstums“ zusammengefasst. Dieser postulierte ein Szenario globalen wirtschaftlichen Zusammenbruchs und eines starken Bevölkerungsrückgangs bis 2030.

Laut einer Studie der Weltbank (*1) aus dem Jahr 2018 steigt das weltweite Aufkommen an Siedlungsabfällen weiter an und liegt mittlerweile bei 2,01 Milliarden Tonnen pro Jahr. Es wird prognostiziert, dass dieses Volumen zum Jahr 2050 um weitere 70 % auf 3,4 Milliarden Tonnen steigen wird, wenn keine Maßnahmen ergriffen werden. Aufbauend auf den Zielen für nachhaltige Entwicklung, die beim SDG-Gipfel der Vereinten Nationen verabschiedet wurden, hat in den letzten Jahren die Förderung des Bewusstseins für umweltbezogene Themen wie das Recycling von Abfällen und die Nutzung erneuerbarer Energien wieder mehr an Dynamik gewinnen können.

Aber das Bewusstsein für das Abfallproblem in hochentwickelten Ländern weicht stark von selbigem in den Schwellen- und Entwicklungsländern ab. Im Gegensatz zu einer Abfallsammelquote von fast 100 % in Ländern mit hohem Einkommen, wie z. B. den G7-Staaten, liegt diese Quote in Ländern mit niedrigem Einkommen bei lediglich 39 %. Ungesammelte Abfälle werden offen auf der Straße entsorgt und gelangen in Meere und Flüsse. Und zusammen mit dem rasanten Wirtschaftswachstum in diesen Ländern und dem Import von Produkten aus Übersee steigt die Menge dieser Abfälle stetig weiter an. Dies liegt zum Großteil daran, dass in diesen Ländern Vorschriften für die Abfallverwertung, die nötigen Strukturen für die Abfallsammlung und die Entwicklung von Verwertungsanlagen nicht mit dem Wirtschaftswachstum Schritt gehalten haben.

*1 : Weltbank, „What a Waste 2.0: A Global Snapshot of Solid Waste Management to 2050“ (2018)

Große Abfallmengen durch Massenproduktion und Konsum: in Japan ein altbekanntes Problem

― Ein Instinktiver Widerstand gegen den Einsatz von Abfallverwertungsanlagen behindert dessen Lösung

Während der Zeit des starken Wirtschaftswachstums in den 1960er Jahren erlebte Japan einen kometenhaften Anstieg der Abfallmengen. Die Abfallverwertungsstruktur, die insbesondere von einem Mangel an Behandlungsanlagen definiert wurde, blieb weit hinter dem Tempo der Produktion und des Verbrauchs zurück. Städte, Flüsse und Meere quollen vor Müll über und Probleme wie Wasserverschmutzung und Geruchsbelästigung wurden immer gravierender. Und obwohl die Regierung Müllverbrennungsanlagen einführte, wehrten sich die Anwohner in der Nähe der geplanten Anlagenstandorte gegen die Umsetzung dieser Projekte. Sie waren besorgt über die Beeinträchtigung ihrer Gesundheit und auch der Umwelt durch Lärm, Geruchsbelästigung und Rauchentwicklung im Rahmen der Verbrennung. Auch der Imageverlust der Region und die damit einhergehenden wirtschaftlichen Einbußen, wie beispielsweise sinkende Grundstückspreise, traten als Faktoren für die Ablehnung dieser Anlagen hervor. Müllverbrennungsanlagen wurden immer mehr als Ärgernisse empfunden.

Eine Riesenmenge Müll

Der kollaborative Ansatz, dank dem das Musashino Clean Center ein Erfolg wurde

― Ein Triumph dank Förderung der Anwohnerbeteiligung und einem gemeinsamen Verständnis

Während es auch heute noch landesweit Widerstand gegen den Bau von Müllverbrennungsanlagen gibt, hat die Stadt Musashino im Westen Tokios dieses Problem erfolgreich gelöst. Normalerweise werden Müllverbrennungsanlagen aus Rücksicht auf die entstehende Umweltbelastung fernab von städtischen Zentren in Bergregionen errichtet. Der größte Teil des Gemeindegebiets der Stadt Musashino wird jedoch von Wohnhäusern belegt. Als die Stadt Musashino Pläne zum Bau einer Müllverbrennungsanlage auf einem öffentlichen Grundstück in einem Wohngebiet bekannt gab, war es kaum eine Überraschung, dass dieser Plan auf heftigen Widerstand stieß.

Doch zu diesem Zeitpunkt begann die Stadt Musashino die Anwohner, auch jene, die in der Nähe des geplanten Projektstandorts wohnten, in die Überlegungen zum Projekt einzubeziehen. Man hielt eine Reihe Gesprächsrunden ab, um die Meinungen und Forderungen der Anwohner anzuhören. Diese kollaborative, doch frontale Herangehensweise an das Abfallproblem ermöglichte es der Stadt, das Musashino Clean Center erfolgreich an seinem jetzigen Standort direkt neben dem Rathaus zu errichten. Der Neubau des Clean Centers war besonders deshalb wichtig, weil sich viele andere Großanlagen dem Ende ihrer Nutzungsdauer näherten. Die Gemeinde kam zusammen, um die Anlage gemeinsam zu entwickeln. Es wurden Meetings mit Anwohnern und Experten abgehalten und man diskutierte ausführlich über Themen, die die Anlage betreffen, Gestaltungsrichtlinien usw. Neben der Herstellung der Grundfunktionen einer Müllverbrennungsanlage führten die Gespräche zur Festlegung von vier grundlegenden Richtlinien zum Bau und Betrieb der Anlage: „Entwicklung einer sicheren Anlage unter Berücksichtigung der Umweltschutzaspekte“, „Entwicklung einer katastrophenresistenten Anlage“, „Entwicklung einer Anlage unter Berücksichtigung des Stadtbildes und der baulichen Gestaltung“ und „Entwicklung einer offenen Anlage“.

Aus etwas unvermeidlich Negativem etwas sehr Positives machen

― Die umweltfreundliche, optisch ansprechende Anlage ermöglicht eine nachhaltige Energieerzeugung für die lokale Nutzung

Die Konstruktion und das Design des Musashino Clean Center erinnern an die Waldflächen der Stadt Musashino. Das hohe gestalterische Feingefühl, dank dem sich die Anlage nahtlos in das Stadtbild einfügt, ist weit vom den üblichen Eindruck entfernt, den eine traditionelle Müllverbrennungsanlage erweckt. Die Anlage wurde darüber hinaus unter Berücksichtigung von Umweltschutzaspekten gebaut. Standards für die Emissionswerte auf Weltklasseniveau wurden etabliert. Der tägliche Betrieb der Anlage wird dabei genau überwacht, um sicherzustellen, dass die Werte stets unter den selbst auferlegten Grenzwerten bleiben. Die Messwerte werden auf digitalen Anzeigetafeln in der Anlage selbst sowie auf der Website des Clean Centers angezeigt.

Außerdem ist dieses Projekt zu einem perfekten Beispiel der zyklischen Nutzung lokaler Ressourcen geworden. Ziel ist es, auch wenn proaktiv das Abfallvolumen reduziert werden soll, den anfallenden Müll effizient und ohne Ausschüsse in Energie umzuwandeln und damit eine lokale Energieerzeugung für den lokalen Verbrauch herzustellen. Neben den zu erwartenden Vorteilen, die eine hochmoderne Müllverbrennungsanlage mit sich bringt, kann die Umgebung mit Energie versorgt werden, indem die bei der Verbrennung entstehende Wärme und der damit erzeugte Strom effektiv genutzt werden. Und mit fast 20 % ist der Wirkungsgrad dieser Anlage bei der Stromerzeugung relativ hoch.

Außerdem ist die Anlage extrem belastbar. Zusätzlich zu den Dampfturbinen, die aus der bei der Verbrennung entstehenden Wärme Strom erzeugen, wurde eine gasbetriebene Kraft-Wärme-Kopplungsanlage realisiert, die Strom aus Stadtgas erzeugt. Das ist modernste Anlagentechnik, die es sonst nirgendwo in Japan gibt. Selbst wenn die Dampfturbinen aufgrund eines Erdbebens oder einer anderen Katastrophe ausfallen, übernimmt das Reservesystem der gasbetriebenen Kraft-Wärme-Kopplungsanlage die Stromerzeugung, sodass die Versorgung nicht unterbrochen wird. Darüber hinaus ermöglicht der Aufbau eines Stromnetzes nicht nur die Stromversorgung des Clean Centers selbst, sondern auch von Einrichtungen wie dem Rathaus und öffentlichen Turnhallen in der Umgebung sowie von regionalen Gemeindezentren. Für die Zukunft ist auch die Installation von Stromspeichern geplant und durch den Ausbau von Zielgebieten für die Energieversorgung und die Anhäufung von Stromüberschüssen wird eine weitere Nutzbarmachung erwartet.

Umweltfreundliche Großstadt

Die Einbringung der Expertise von Yokogawa im Bereich der Regel-, Mess- und Informationstechnik in das Segment der erneuerbaren Energien trägt zur effektiven Nutzung regional produzierter Energie bei

Yokogawas Prozessleitsystem (PLS) sorgt für eine optimale und sichere Regelung der Stromerzeugungsanlage und der Speicherbatterien im Musashino Clean Center. Und sein Community Energiemanagementsystem (CEMS) visualisiert und sammelt Informationen zu Angebot und Nachfrage der Energieversorgung des Clean Centers und der überregionalen Versorger. Es ist so in der Lage, die zukünftige Energienachfrage zu prognostizieren. Es überwacht die Energieversorgung und den Energiebedarf des Clean Centers und der Einrichtungen in der Umgebung und verwaltet die tatsächlichen jährlichen Versorgungs- und Bedarfsdaten. Es erstellt außerdem basierend auf dem aktuellen Wetter und der Temperatur tagesbasierte Stromerzeugungs- und -versorgungspläne. So wird der perfekte Mechanismus zum effektiven Umgang mit der Energieversorgung realisiert.

Um die begrenzte Energie effektiv zu nutzen und eine nachhaltige regionale Gemeinschaft Realität werden zu lassen, muss die Energie in der gesamten Region verwaltet, das Hinzukaufen von Strom minimiert und die in der Region selbst produzierte Energie effektiv genutzt werden. Yokogawa, dessen Hauptsitz sich in Musashino befindet, stellt für dieses Energieversorgungskonzept, dessen Herzstück das Musashino Clean Center ist, seine Expertise in der Regel-, Mess- und Informationstechnik zur Verfügung, die Yokogawa durch umfangreiche Erfahrungen mit verschiedenen Arten von Energieerzeugungsanlagen aufgebaut hat. Durch die Zusammenarbeit mit der Stadt Musashino, die eine lokale Energieerzeugung für den lokalen Verbrauch anstrebt, trägt Yokogawa auch zur Reduzierung des Energie- und Ressourcenverbrauchs sowie der Treibhausgasemissionen bei.

„Die Grenzen des Wachstums“ überlieferte zwar eine ernüchternde Botschaft, erinnerte uns aber auch daran, dass es Hoffnung gibt: „Der Mensch kann eine Gesellschaft schaffen, in der er für eine unbegrenzte Dauer auf der Erde leben kann, wenn er sich selbst und seiner Produktion von materiellen Gütern Grenzen setzt, um ein globales Gleichgewicht zu erreichen, in dem sich die Bevölkerungszahl und Produktion die Balance halten.“ Um dieses hohe Ziel in Kombination mit der Verwirklichung der SDGs zu erreichen, hat Yokogawa seine drei Nachhaltigkeitsziele formuliert. Auf dem Weg zur Erfüllung der drei Zielvorgaben „Netto-Null-Emissionen“ (Reaktion auf den Klimawandel), „Kreislaufwirtschaft“ (Befolgen des Kreislaufprinzips und verbesserte Ressourceneffizienz) und „Wohlbefinden“ (ein Leben in Wohlstand für alle) beschleunigt Yokogawa seine Bemühungen, im Rahmen der Co-Innovation mit Kunden und Partnern, wie beispielsweise der Stadt Musashino, neue Werte zu schaffen.