Well-being

Wie Life Innovation hilft,
seltene Erkrankungen
zu erforschen

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80 Prozent der geschätzten 6.000 identifizierten schwer behandelbaren oder seltenen Erkrankungen sind vermutlich genetischen Ursprungs. Eine dieser Krankheiten ist die amyotrophe Lateralsklerose (ALS), die in einigen Fällen erblich ist. Sie erlangte Bekanntheit, als der legendäre Baseballspieler Lou Gehrig daran erkrankte. Im jungen Alter von 37 Jahren erlag er der Krankheit und verstarb. ALS ist eine von tausenden schwer behandelbaren Krankheiten, die die Lebenserwartung verkürzen. Die körperlichen und geistigen Fähigkeiten nehmen im Verlauf der Krankheit schrittweise ab. Über Jahrzehnte hinweg gab es nur wenig Hoffnung für Patienten mit seltenen Erkrankungen wie ALS. Darum rückte die Erforschung und Behandlung dieser unheilbaren Krankheiten ins Visier der Wissenschaft. Mit Erfolg. Die jüngsten technischen und wissenschaftlichen Entwicklungen geben Erkrankten Hoffnung.

Induzierte pluripotente Stammzellen (iPS)

― Eine bahnbrechende Technologie stellt den embryonalen Zustand von Zellen wieder her

Alles beginnt mit einem einzigen befruchteten Ei bzw. Zygote. Dieses teilt sich und bildet einen Embryo. Die embryonalen Stammzellen (ES), aus denen der frühe Embryo besteht, unterscheiden sich von den spezialisierten Haut-, Knochen-, Blut- und Herzzellen. Diese differenzierten Zellen können nicht in ihren ursprünglichen/pluripotenten Zustand zurückkehren oder einen anderen Funktionszustand annehmen.

Einem japanischen Forscher, Shinya Yamanaka, gelang 2006 ein wissenschaftlicher Durchbruch an Zellen von Mäusen. Er zeigte, dass vier Transkriptionsfaktoren ausreichen, um differenzierte Körperzellen und die genetische Information in ihrem Zellkern in den Zustand von ES-Zellen zurückzuführen: Oct4, Sox2, Klf4 und c-Myc.

Hierbei handelt es sich um Proteine, die die Zelle glauben ließen, sie müsse sich an eine embryonale Umgebung anpassen. Etwas mehr als ein Jahr später erreichten sein Forschungsteam dasselbe Ergebnis mit menschlichen Haut-Fibroblasten. Eine Entdeckung, die Wissenschaftler bis dahin für unmöglich gehalten hatten.

Diese Zellen wurden „induzierte pluripotente Stammzellen“ (iPS) getauft und sind von ES-Zellen fast nicht zu unterscheiden. Da beide Zelltypen pluripotent sind, können sie sich selbst regenerieren. Zusätzlich können sie durch die Behandlung mit Wachstumshormonen und anderen Wirkstoffen zu spezialisierten Zelltypen differenziert werden. iPS-Zellen können außerdem ohne Volumenbeschränkungen reproduziert werden. Dieser Erfolg weckte enorme Erwartungen an die Anwendung in der regenerativen Medizin und Medikamenten-Entwicklung.

„Die Geschichte der iPS-Zellforschung hat gerade erst begonnen. Sie besitzt ein bemerkenswertes Potenzial für die Anwendung in der Zelltherapie, für Medikamententests und personalisierte Medizin.“
Shinya Yamanaka (Direktor, Center for iPS Cell Research and Application, Universität Kyoto)
Nobel-Vortrag 7. Dezember 2012

F&E-Aktivitäten

Das Potenzial von induzierten pluripotenten Stammzellen (iPS)

Die Verabschiedung des Act on Safety of Regenerative Medicine (auch bekannt als RM Act) in Japan stellte nach nahezu zwei Jahrzehnten der Arbeit und Diskussion einen enormen Fortschritt auf dem Weg zur Entwicklung einer regenerativen Medizin-Infrastruktur dar. Trotzdem gilt es noch viele rechtliche/politische Hindernisse zu überwinden, bevor iPS-Zellen wesentlich zur regenerativen Medizin beitragen können. Paradoxerweise führte der RM Act dazu, dass einige laufende Projekte, wie die Zelltransplantation für Patienten mit altersbedingter Makuladegeneration unterbrochen werden mussten. Bei einer altersbedingten Makuladegeneration handelt es sich um eine Verschlechterung des Sehvermögens, die bisher als irreversibel gilt. Dieses und andere Projekte werden ferner durch abschreckend hohe Kosten beeinträchtigt. Im Fall des Transplantatprojekts bei Makuladegeneration entstanden für einen Versuch Kosten in Höhe von etwa 1 Million US-Dollar.

Das Potenzial von iPS-Zellen für die Entwicklung neuer Medikamente hingegen ist aktuell sehr vielversprechend.

Was mit iPS-Zellen realisiert werden kann:
• Tests zur Bestätigung der Wirksamkeit, Toxizität und Sicherheit neu entwickelter Medikamente an menschlichen Zellen
• Tests für die Behandlung bisher unheilbarer und irreversibler Erkrankungen

Dies hat es ermöglicht, ethische Bedenken hinsichtlich der Verwendung von ES-Zellen aus menschlichen Embryonen und die Nutzung von Tieren in klinischen Versuchen zu umgehen. Darüber hinaus beschleunigt es den Gesamtprozess erheblich. Die Entwicklung eines Medikaments kann bis zu zehn Jahre in Anspruch nehmen und Kosten in Höhe von Milliarden Euro verursachen. Bisher wurden die neuen Medikamente fast bis zum Ende des Prozesses nicht an menschlichen Zellen getestet. iPS-Zellen ermöglichen Tests an menschlichen Zellen in einem sehr viel früheren Stadium der Medikamenten-Entwicklung. So können Kandidaten aussortiert werden, die nicht mit menschlichen Zellen kompatibel sind, bevor viel Zeit und Kosten investiert worden sind.

Es wurden erhebliche Fortschritte in der Behandlung bestimmter Krankheiten erzielt. Nun verschiebt sich der Fokus zunehmend auf seltene Krankheiten, die eine relativ kleine Gruppe von Menschen betreffen. Die Beschleunigung in der Forschung und Entwicklung der nächsten Generation wird zu einer Vielzahl neuer Technologien führen. Grundlage hierfür sind neue technologische Innovationen für Krankheitsbereiche, deren Entstehung und Progression der Erkrankung bisher unbekannt waren.

Industrie und Gesellschaft in ein neues Zeitalter führen

― Mit hochmodernsten Technologien und Co-Innovation mit Kunden führt Yokogawa ein Zeitalter biologischer Innovationen ein

Yokogawa hat seine Cell-Imaging-Technologie in die Mess-, Regelungs- und Informationstechnologien integriert. Traditionell zählen diese zu den Stärken unseres Unternehmens, um eine zellbasierte Technologie für die Untersuchung neuer Medikamente zu entwickeln. Unser Engagement in der Biotechnologie-Forschung geht auf die späten 1980er Jahre zurück. Damals erteilte der damalige Vorstandsvorsitzende Shouzo Yokogawa der Forschungs- und Entwicklungsabteilung den Auftrag, ihre große Expertise der Messung eines „weichen“ Ziels zu widmen. Möglicherweise inspirierte die Entdeckung des grünen fluoreszierenden Proteins, oder GFP, im Jahr 1961 die Forscher zum Teil dazu, sich mit der Untersuchung von Zellen zu befassen. Jahrzehnte später brachte GFP Dr. Osamu Shimomura den Nobelpreis in Chemie ein.

Wir kommunizierten mit Forschungsmitarbeitern und Kollegen an Universitäten sowie externen Forschungseinrichtungen. Daraus erfuhren wir, dass ein Bedarf für die hochauflösende und hochempfindliche Bildgebung lebender Zellen bestand. Dies stellte sich als Anstoß für die Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten des nächsten Jahrzehnts heraus, die zum Ziel hatten, ein Gerät zu entwickeln, das ein räumlich-zeitliches Live Cell Imaging ermöglichen sollte.

Ursprünge des konfokalen Scanners CSU10

1996 stellte Yokogawa sein erstes Produkt der konfokalen Scanner-Serie vor, den CSU10. Dieser Scanner ermöglichte eine schnelle Aufnahme konfokaler Bilder durch Raster-Scanning. Mit tausenden von Laserstrahlen geringer Intensität anstelle eines einziges intensiven Laserstrahls minimierte es den Schaden an den untersuchten lebenden Zellen. Dadurch ermöglichte es umfangreiche Langzeit-Beobachtungen. Doch damit gaben wir uns nicht zufrieden. In den darauffolgenden über 20 Jahren wurden neue Versionen der CSU im Zuge von Diskussionen, Forschung und Zusammenarbeit weiterentwickelt. Heute ist die CSU-Serie de facto mit mehr als 3.000 verkauften Einheiten weltweit Industriestandard.

Der Verkauf der konfokalen Scanner der CSU-Serie konzentrierte sich Anfang der 2000er Jahre auf die biologische und medizinische Forschung. Wir als Yokogawa begannen, weitere Anwendungsbereiche für die Technologie zu prüfen. Schließlich fiel die Entscheidung auf den High-Content-Analysis-Markt (HCA). Das HCA-Verfahren zur Beurteilung des Zustandes einer Zelle auf Grundlage von Informationen wie z.B. Größe, Form und Proteinexpression, wurde gegen Ende der 1990er Jahre entwickelt. Dies sollte die Fähigkeit zur Erfassung konfokaler Bilder des CSU mit einer Technologie zur Analyse dieser Bilder verbinden.

„Die Verwendung menschlicher Zellen in einer sehr frühen Phase der Medikamentenentwicklung wird helfen, Verbindungen zu identifizieren, die in menschlichen Zellen nicht funktionieren.“
Oliver Brüstle (Leiter des Instituts für Rekonstruktive Neurobiologie der medizinischen Fakultät der Universität Bonn)
Video: „Stammzellen - die Zukunft: eine Einführung in iPS-Zellen“

Forscher

Die Anfänge der CellVoyager-Serie

Diese Anstrengungen führten 2009 zur Vorstellung des CellVoyager CV6000, einem High-Throughput Cytological Discovery Systems. In Verbindung mit einer CSU ermöglichte der CV6000 die gleichzeitige Beobachtung mehrerer Proben mit industrieführender Geschwindigkeit und Auflösung. So konnten Veränderungen der Anzahl der Zielmoleküle, der Zellkinetik, der Morphologie und weiterer Aspekte beobachtet werden. Der Trend zur Automatisierung und Beschleunigung bei der Entwicklung neuer Medikamente, die die Analyse von Millionen potenzieller Substanzen erfordern kann, nimmt Fahrt auf. Unsere Technologie bietet eine wesentliche Unterstützung durch die enorme Reduzierung des Zeit- und Kostenaufwands in Kombination mit hochaufgelösten, hochwertigen Bildern. Damit kann eine Bestätigung der Wirksamkeit potentieller Substanzen unter Einhaltung aller erforderlichen Sicherheitsstandards gewährleistet werden.

Im Jahr 2010 wählte eines der renommiertesten medizinischen Forschungsinstitute, das Deutsche Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE), den CV6000 von Yokogawa als Hauptelement für die Entdeckung von Medikamenten aus. Das DZNE arbeitete gemeinsam mit uns an der Optimierung dieser Technologie. Dies führte dazu, dass wir in den darauffolgenden Jahren immer weiter entwickelte Modelle der Serie herausbrachten. Die neuen Modelle erfüllten das Bedürfnis nach immer größeren Bilderfassungsbereichen und höheren Durchsätzen.

Darüber hinaus boten sie weitere Vorteile, wie:
• die Fähigkeit, einzelne Zellen und Zellcluster zu beobachten und anschließend zu analysieren
• Zelleigenschaften zu erfassen
• Daten zu kompilieren
• die optimale Umgebung für die Kultivierung zu bestimmen und zu gewährleisten
• die Qualität und das Maß der Zelldifferenzierung zu prüfen

Unsere Geräte und Systeme sind das Resultat einer engen Zusammenarbeit mit den Nutzern dieser Systeme. Diese Philosophie bildet das Fundament für unser Bestreben, sich fortwährend in punkto Qualität, Geschwindigkeit und Benutzerfreundlichkeit zu verbessern.

Yokogawa arbeitet an der Entwicklung von Massenspektroskopie und Genanalyse für einzelne Zellen, die mit herkömmlicher Bildgebung nicht möglich ist. Wir gründeten im April 2018 das Single Cellome Co-innovators Consortium in Partnerschaft mit der Universität Shizuoka. Ziel des Konsortiums ist es, die gesamte Expertise im Bereich der Massenspektroskopie von einzelnen Zellen dazu zu nutzen, um Systeme zu entwickeln, mit denen eine noch genauere Untersuchung des Inneren einzelner Zellen ermöglicht wird . Diese Systeme sollen eine zusätzliche Beschleunigung im Entwicklungsprozess neuer Medikamente ermöglichen.

Unterstützung von iPS-Forschung

Gemeinsam mit weiteren Unternehmen des privaten Sektors beteiligt sich Yokogawa an einem speziellen Forschungsprogramm im Rahmen der Future Society Initiative der Universität Tokio. Hauptziel des Programms ist es, ein System zur Bewertung der Wirksamkeit und Toxizität von Medikamenten durch akademisch-industrielle Zusammenarbeit hauptsächlich durch Nutzung verschiedener menschlicher iPS-Zellen zu formulieren.

Schon seit Beginn der Aktivitäten im Life Science Bereich ist das SDG-Ziel „Wohlbefinden für alle“ in unseren Fokus gerückt. Unsere darüber hinaus entwickelten Technologien bilden einen wesentlichen Beitrag zur Maximierung des Nutzens und Realisierung des Potenzials von iPS- und ES-Zellen in der Entwicklung neuer Medikamente und der regenerativen Medizin der Zukunft. Die erfolgreiche Entwicklung neuer Medikamente wird eine Zusammenarbeit auf globaler Ebene durch den Austausch von Forschungsergebnissen und Daten erfordern. Yokogawas Philosophie ermöglicht es uns, erfolgreich und kollaborativ mit unseren Partnern zusammenzuarbeiten. Dies schafft Synergien, die zu neuen Fortschritten im Life Science Bereich führen werden. Dank einiger der modernsten technologischen Kapazitäten in diesem Bereich wird Yokogawa zu der Entwicklung von Industrien beitragen, welche die Grundlage für ein gesundes und angenehmes Leben für Menschen auf der ganzen Welt bilden.