Neue Strategien für die Prozesssteuerung

Es ist an der Zeit, bei der Aufrüstung alternder Prozessleitsysteme (PLS) anders zu denken.

Water conditioning room and control way equipment on pharmaceutical industry or chemical plant DCS system
Picture credits: sergeisimonov/ 123RF

Haben Sie sich schon einmal Gedanken über neue Prozesssteuerungsstrategien gemacht? In der Vergangenheit bedeutete die Aufrüstung eines Prozessleitsystems (PLS) in der Regel, dass das alte System herausgerissen und durch ein neues von einem anderen Anbieter ersetzt wurde, oder dass ein Hardware- bzw. Software-Upgrade vorgenommen wurde.

Während die Zuverlässigkeit von PLS und die Gesamtbetriebskosten von verschiedenen Anbietern variieren können, gibt es heutzutage deutlich weniger Unterschiede in der Gesamtfunktionalität, die von PLS-Lieferanten angeboten wird. Dies stellt eine Herausforderung für die reifere europäische Prozessindustrie dar, wie z. B. im pharmazeutischen Sektor, wo der Übergang zum Smart Manufacturing notwendig und unumgänglich geworden ist.

DCS und Smart Manufacturing

Der zunehmende Bedarf an Flexibilität und Agilität in der Produktion sorgt dafür, dass etablierte Industrien eine größere Bereitschaft zur Übernahme neuer Technologien, Standards und Trends anstreben müssen. Pharmazeutische Produktionsanlagen müssen heute eine flexiblere Produktion und eine schnellere Prozessimplementierung anstreben, um die Zeit bis zur Markteinführung neuer Produktentwicklungen zu verkürzen. Sie benötigen auch ein optimiertes Lieferkettenmanagement, um eine bessere Produktqualität und eine stabilere und zuverlässigere Produktversorgung zu gewährleisten und um die angestrebten Erträge schneller zu erreichen.

Das Problem relativ geringer inkrementeller Funktionalität und des (wirtschaftlichen) Wertes von Ersatz-PLS-Systemen erschweren das Erreichen dieser Ziele. Unternehmen versuchen ihre Abläufe zu digitalisieren, Smart Manufacturing zu erreichen und zu einem autonomeren Betrieb überzugehen. Allerdings ist das PLS ein in sich geschlossenes System, das sich nicht ohne weiteres in andere Systeme integrieren lässt.

Vorwärts gehen

Auf dem Weg zu einem autonomen Betrieb ist die horizontale und vertikale Integration zwischen und über Systeme hinweg von entscheidender Bedeutung. Die horizontale Integration bezieht sich auf die Integration der verschiedenen lokalen Systeme.

Oft verwenden diese Systeme unterschiedliche Schnittstellen/Protokolle wie OPC UA, Profibus DP, Modbus TCP/IP oder IEC61850. Die vertikale Integration bezieht sich auf die Integration mit dem Unternehmensbereich, der Cloud (z. B. über eine MQTT-Schnittstelle), Fernsteuerungszentralen oder Geräten des Industrial Internet of Things (IIoT), bei denen die Cybersecurity bei der Unterstützung unterschiedlicher Architekturen und Protokolle eine entscheidende Rolle spielt.

Integration in ein “System aus Systemen”

Eine weitere Komplexitätsebene bei Prozesssteuerungsstrategien wird durch die Integration von Systemen mit mehreren Standorten in ein “System aus Systemen” hinzugefügt.

Die begrenzte Fähigkeit des PLS, sich mit anderen Nicht-PLS-Systemen zu verbinden, zu kommunizieren und zu integrieren, was für die Realisierung eines autonomen Betriebs unabdingbar ist, führt dazu, dass der Schwerpunkt auf die Implementierung einer neuen (autonomen) Gesamtbetriebsphilosophie der Anlage statt auf ein neues PLS-System gelegt werden muss.

Das herkömmliche PLS hat einen Punkt erreicht, an dem es sich nicht mehr lohnt, einen größeren Mehrwert (Flexibilität und Agilität) für den Übergang zum digitalen und autonomen Betrieb zu erzielen. Daraus ergibt sich, dass Anlagenbesitzer und -betreiber sich jetzt mehr auf Fahrpläne für den autonomen Betrieb konzentrieren sollten als auf einen Fahrplan für die PLS-Technologie oder Migration. Natürlich wird das PLS weiterhin eine wichtige Rolle für den Betrieb von Anlagen spielen, aber der nächste Werthorizont im DCS-Bereich liegt in offenen Plattformarchitekturen – zum Beispiel O-PAS (Open Process Automation Standard) und MTP (Module Type Packages) – und weniger in den PLS-Technologien selbst.

Prozesssteuerungsstrategien in die Praxis umsetzen

Es gibt also einige praktische Schritte, die Anlagenbesitzer und -betreiber unternehmen sollten, wenn sie zukünftige Prozesssteuerungsstrategien in Betracht ziehen. Dazu gehören:

  • Einfügen des OPA-Gateways in das aktuelle PLS und Fortsetzung der Technologie-Roadmap im OPA-Bereich.
  • Neue Trends und Standards wie MTP, KI, ML und IIoT aufgreifen, um die Maschinenintegration zu verbessern, die Bedienerunterstützung zu erhöhen, die Gesamtkomplexität des Systems zu reduzieren und flexible, modulare Anlagen zu realisieren.
  • Eine umfassende Datenintegrationsstrategie, die auch Cybersecurity für die Zuverlässigkeit und den Schutz der Daten umfasst. Definieren Sie in diesem Zusammenhang eine eigene Nutzer-Roadmap für die Digitalisierung und autonomen Betrieb, z. B. anhand des unabhängigen SIRI-Benchmarks (Smart Industry Readiness Index).

Möchten Sie Beratung aus erster Hand? Dann kontaktieren Sie uns über unser Kontaktformular. Wir freuen uns auf Sie!

Gaetano Micera ist Director of Life Science Industry Europe bei Yokogawa Europe B.V.

Kommentar verfassen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Scroll to Top