Helget Kolumne 3

Derzeit setzt allein die Chemie in Deutschland jährlich rund 20 Millionen (!) Tonnen an Rohstoffen für Produktionsprozesse ein. Weltweit sind es etwa 330 Millionen Tonnen. Laut Hochrechnungen dürfte dieser Wert bis zum Jahr 2050 auf 1,2 Milliarden Tonnen angestiegen sein. […]

Derzeit setzt allein die Chemie in Deutschland jährlich rund 20 Millionen (!) Tonnen an Rohstoffen für Produktionsprozesse ein. Weltweit sind es etwa 330 Millionen Tonnen. Laut Hochrechnungen dürfte dieser Wert bis zum Jahr 2050 auf 1,2 Milliarden Tonnen angestiegen sein. Angesichts dieser Zahlen ist es kein Wunder, dass fieberhaft nach dem „Schlüssel“ zur Zukunft einer nachhaltigen Chemie gesucht wird. Die Debatte zur CO2-Vermeidung vor dem Hintergrund der Nachhaltigkeit  wird in den Industrieetagen ebenso geführt wie in der Politik, und die Entwicklung ist in vollem Gange. Ganz oben auf der Agenda steht neben der Vermeidung die Nutzung von Kohlendioxid.

Setzt man auf erneuerbaren Kohlenstoff als Basis einer künftig nachhaltigen Chemie, gibt es derzeit drei Quellen: das Recycling, verschiedene Arten von Biomasse und die direkte CO2-Nutzung aus der Luft. Wenn wir den vollständigen Verzicht auf fossilen Kohlenstoff anstreben – und das sollte unser langfristiges Ziel sein, denn  nur dann kann ein weiterer Anstieg der CO2-Konzentrationen vermieden werden – benötigen wir  dafür alle drei Quellen.

Doch auch hier spielt selbstverständlich die Wirtschaftlichkeit wieder eine entscheidende Rolle: Alternative Kohlenstoff-Ressourcen  können bei der Defossilierung der Industrie nur dann an Bedeutung gewinnen, wenn ein ökonomisch attraktives Modell dahinter steht. Und das ist gar nicht so einfach, denn fossile Rohstoffe wie Erdöl oder Erdgas sind als Energielieferanten geradezu perfekt: kohlenstoffreiches Methan, das mit seinem  Wasserstoff die Energie auch gleich noch mitliefert. Die fossile Chemie schlägt sozusagen zwei Fliegen mit einer Klappe.  Solche Vorzüge lassen sich nur schwer ersetzen, vielleicht aber mit Masse aufwiegen – eben Biomasse. Viel Biomasse.

Mit Zuckerrohr oder Mais, beides bekanntermaßen sehr ertragreich,  wurden schon alternative Energielieferanten gefunden. Allerdings steht dessen  Verarbeitung in direkter Konkurrenz zur menschlichen Nahrungskette. Oder schnell wachsende Bäume wie Eukalyptus – die wiederum aber sorgen für Flächenkonkurrenz in der Nahrungskette. Eine in einer ganz anderen Umgebung lebende, schnell nachwachsende Ressource aber verspricht eine wertvolle Nutzungsbilanz: der bio-verfahrenstechnische Ansatz mit Algen als Biomasse.

Algen gedeihen in verschiedensten aquatischen Lebensräumen, in Ozeanen, Seen oder Flüssen, aber auch in Brack- und Abwasser. Kleinste Organismen, Mikroalgen, sind in der Lage, durch Photosynthese bis zu zwei Kilogramm CO₂ pro Kilogramm produzierter Biomasse zu „biofixieren“ (Lesen Sie dazu auch: “Mikroalgen in der Biotechnologie: Alga Energy und Yokogawa unterzeichnen Strategic Partnership & Equity”-Vertrag”).  Diese unerschöpfliche, sehr produktive natürliche Ressource hat das Potenzial, in naher Zukunft wettbewerbsfähig saubere Energie und Biokraftstoffe der zweiten Generation zu erzeugen. Allerdings: Mögliche Seitenprodukte, die bei dem Vorgang der Photosynthese entstehen, können die Marktpreissituation „verzerren“.

Derzeit darf sich der Markt hinsichtlich der nachhaltigen biochemischen Produktionsweise durchaus an unserem Nachbarn orientieren, denn: Dänemark setzt dort schon jetzt rund 40 Prozent nachwachsender Rohstoffe ein, während der deutsche Anteil der Biomasse aktuell etwa bei 14 Prozent liegt.

Herzlichst 

Andreas Helget


Zu Kolumne 1: Über die Wasserelektrolyse

Zu Kolumne 2: Circular Economy

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