Hand in Hand mit den Prozessdaten

Alarm! Tritt jetzt Hektik am Leitstand ein? Oder lehnt sich der Operator entspannt zurück, drückt ein Knöpfchen zum Quittieren und schlürft weiter seinen Kaffee, den er sich vor einer Minute geholt hat? Beides ist möglich, beides ist eine interessante Information - üblicherweise dann, wenn es um das Thema Alarm-Management zur Analyse und Reduzierung der Alarme beispielsweise nach EEMUA 191 geht. Doch auch zu Beginn einer Datenanalyse macht ein Blick in diese Daten durchaus Sinn.

Technicians working in industrial plant control room

Alarm! Tritt jetzt Hektik am Leitstand ein? Oder lehnt sich der Operator entspannt zurück, drückt ein Knöpfchen zum Quittieren und schlürft weiter seinen Kaffee, den er sich vor einer Minute geholt hat?
Beides ist möglich, beides ist eine interessante Information – üblicherweise dann, wenn es um das Thema Alarm-Management zur Analyse und Reduzierung der Alarme beispielsweise nach EEMUA 191 geht. Doch auch zu Beginn einer Datenanalyse macht ein Blick in diese Daten durchaus Sinn.

Schnell Handlungsschwerpunkte identifizieren

Im ersten Schritt, wenn man sich einem neuen Datenanalyseprojekt nähert, nimmt man sich üblicherweise die relevanten Prozessdaten vor. Man verschafft sich möglichst schnell eine Übersicht über die Daten und bringt sie in Einklang mit den während der Definitionsphase erhaltenen Informationen. So auch in einem Projekt von Yokogawa mit der OXEA Produktion GmbH & Co. KG. Hier ging es kurz gesagt darum, die Ursachen für das Schwingungsverhalten in einem Kampagnenprozess zu finden.

Die erste Datenanalyse bestätigte gleich eine Aussage seitens Oxea: Seit der ersten Kampagne im Jahr 2015 wurde viel Erfahrung gesammelt. Die anfänglichen größeren Instabilitäten sind inzwischen Geschichte. Wieviel Erfahrung in dem Betrieb steckt, hat jedoch auch das Personal bei Oxea überrascht. Fast doppelt so oft wie in alle Anlagen zusammen griffen die Operator in den Betrieb des Reaktors und der nachfolgenden Kolonne ein. Und zwar nicht aufgrund übermäßiger Alarme. Auch einige Schwerpunkte der vielen Handeingriffe überraschten. Aber genau diese haben schnell aufgezeigt, wo es sich lohnt, genauer hinzuschauen. Zusammen mit einer gezielten Analyse der Prozessdaten ergaben sich hierdurch entscheidende Hinweise für eine Optimierung der Prozessführung.

Durch eine verhältnismäßig einfache Anpassung des Regelungskonzepts wurden gleich zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen. Eine Behälterfüllstandsregelung läuft nun vollständig im Automatikbetrieb, eine Zulaufmenge muss nicht mehr ständig von Hand nachgeführt werden, sondern wird in ein Gesamtregelungskonzept für den Reaktor eingebunden und die Anlage läuft jetzt wesentlich ruhiger –  eine deutliche Entlastung des Operators. Allerdings ist im Vorfeld von regelungstechnischen Änderungen auch immer ein wenig Überzeugungsarbeit zu leisten, da viele Leitstandfahrer an der Art und Weise, wie sie „ihre“ Anlage fahren, hängen.

„Je klarer und ersichtlicher die durchgeführte Verbesserung ist, desto höher ist später die Akzeptanz – wie auch in diesem Fall!“ sagt Betriebsleiter Stefan Frentzen aus Marl.

Verschaffen Sie sich ein komplettes Bild

Hilfreich bei der Analyse sind Tools, die helfen, die Alarm- & Eventdaten strukturiert anzuzeigen und aufzubereiten. Eines ist Exaplog, welches zur statistischen Analyse sowohl von historischen als auch Online-Daten eingesetzt werden kann. Eine Besonderheit ist der Event Balance Trend, eine schöne Visualisierung, bei der die Alarme den Operator-Eingriffen gegenübergestellt sind. Hierdurch lassen sich sehr schnell Muster in den Daten erkennen, bestenfalls dass die Balance zwischen Alarmen und Operatoreingriffen ausgewogen ist. Aber auch unnötige viele Alarme, Überreaktionen durch die Operator oder gar Alarme durch falsche Bedienung werden sichtbar.

Aber zurück vom Ausflug in die Welt von Exaplog. Wie der beschriebene Anwendungsfall anschaulich zeigt, hat die zusätzliche Betrachtung der Alarm- & Eventdaten die Datenanalyse deutlich beschleunigt und zum Teil auch erst vollständig ermöglicht. Denn erst die gemeinsame Betrachtung der Prozessdaten mit den Alarm- & Eventdaten ergibt ein komplettes Bild des Anlagenverhaltens. Diesen Hinweis möchte ich gerade Neulingen in der Datenanalyse mit auf den Weg geben. Frei nach dem Motto “Es muss ja nicht immer gleich Big Data sein” können schon vergleichsweise einfache Datenanalysen zu messbaren Ergebnissen führen. Also: Ran an den Speck – und nebenbei noch ein wenig Alarm-Management erledigen. Ich bin mir sicher: In Hinblick darauf werden Sie ganz nebenbei fündig.

Und für diejenigen, die gerne Big Data hätten: Mit Machine-Learning-Verfahren kann man Alarm- & Eventdaten  sowie digitale Operator-Logs durchforsten, um Schrittketten auszuwerten und zu automatisieren oder anhand der Alarmdichte mit Hilfe einer Plant Topology Ausbreitungswege innerhalb einer Anlage vorherzusagen.

2 Kommentare zu „Hand in Hand mit den Prozessdaten“

    1. Hallo Herr Helget,
      vielen Dank! Die Richtlinie EEMUA 191 hat sich inzwischen weltweit als Quasistandard im Alarmmanagement etabliert und ist damit die bekannteste Publikation der britischen Engineering Equipment and Materials Users Association.
      Alarmmeldungen können Operator nur dann effektiv unterstützen, wenn ihre Rate den Rahmen der menschlichen Aufnahmefähigkeit nicht überschreitet. Ansonsten werden Alarme schnell blind quittiert, akustische Signale abgeschaltet oder der Bildschirm im schlimmsten Fall gänzlich ignoriert. Tatsächlich wichtige Alarme gehen so schnell in der Flut der Meldungen unter. Damit dies nicht passiert, gibt die EEMUA beispielsweise einen Richtwert von einem Alarm in zehn Minuten an und empfiehlt, zu jedem Alarm eine Handlungsempfehlung auszugeben.
      Auch Yokogawa setzt die Vorgaben der EEMUA 191 im Rahmen seines Alarmmanagements um. Das Alarm Report und Analyse Paket ARA basiert auf der Richtlinie und auch die Gestaltung der Alarme mit CAMS (Consolidated Alarm Management Software) erfolgt auf dieser Grundlage.
      Viele Grüße
      Silke Müller

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