Analysieren Sie Ihre Daten – Schritt 1: Define

Wann ist eine Datenanalyse überhaupt sinnvoll? Letztlich lässt sich die Frage immer durch einen wirtschaftlichen Nutzen beantworten. Schwanken Produktionskosten stark, wird die gewünschte Produktqualität oder -stabilität nicht erreicht oder ist eine Mehrfachbearbeitung von Produkten notwendig, sollten Sie genauer

Beitrag 2 – Wie bereits im Beitrag “Analysieren Sie Ihre Daten – in 5 Schritten zum Erfolg” angekündigt, möchte ich mit Ihnen die Schritte einer Datenanalyse durchgehen. Dabei werde ich mich, wie bereits erwähnt, an der Schrittabfolge entsprechend des VDI-Statusreport Chancen mit Big Data – Best Practice orientieren. Diese basiert auf der bewährten DMAIC-Methode des Six Sigma. Im heutigen Post werden wir uns näher mit dem Schritt Define beschäftigen.

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Datenanalyse ja oder nein?

Wann ist eine Datenanalyse überhaupt sinnvoll? Letztlich lässt sich die Frage immer durch einen wirtschaftlichen Nutzen beantworten. Schwanken Produktionskosten stark, wird die gewünschte Produktqualität oder -stabilität nicht erreicht oder ist eine Mehrfachbearbeitung von Produkten notwendig, sollten Sie genauer hinschauen. Sind Ihnen die funktionalen Zusammenhänge bekannt, können Sie natürlich direkt eingreifen. Ist dieses jedoch nicht der Fall und Sie haben eine ausreichende Menge valider Daten, sollten Sie das Potential einer Datenanalyse abschätzen.

Eine geeignete Größe hierfür sind die Herstellungskosten Ihres Produkts. Betrachten Sie hierbei möglichst alle Kosten für die Rohstoffe, Betriebsmittel, Energieverbrauch und Entsorgungskosten. Diese lassen sich je nach Prozess auf die gefertigte Stückzahl oder die Menge Produkt beziehen – sofern alle Qualitätsanforderungen erfüllt sind. Je nach Prozess und Problemstellung können Sie natürlich auch andere KPIs wählen wie bspw. die Länge eines Batches oder nicht spezifikationsgerecht produzierte Stückgüter. Werten Sie diese Daten über einen längeren Zeitraum, am besten ein Jahr aus, können Sie anhand der Schwankungsbreite das Potential abschätzen. Der VDI-Statusreport gibt als Faustregel an, dass sich die Schwankungsbreite der KPI durch ein optimales Datenanalyseprojekt mindestens um eine Zehnerpotenz verringert.

Haben Sie ein Problem?

Es muss ja nicht immer gleich ein Riesenproblem sein. Auch wenn oft erst gehandelt wird, sobald der Schuh drückt – oft erreichen Sie einen wirtschaftlicher Nutzen auch durch eine Verbesserung eines eigentlich bereits stabil laufenden Prozesses. Seien es eine Kostenreduzierung, eine Qualitätsverbesserung oder die Erhöhung der Produktivität. Dies sind die üblicherweise angestrebten Ziele. Lassen Sie aber auch nicht direkt wirtschaftlich messbare Aspekte außer Acht. Oft können Sie beispielsweise Entlastungen für die Operator schaffen und Stresssituationen vermeiden. So geben Sie ihnen die Möglichkeit, sich intensiv mit dem Prozess auseinanderzusetzen und proaktiv reagieren zu können.

Nicht immer sind alle Ziele gleichzeitig erreichbar, manche schließen sich durch Beschränkungen teilweise auch gegenseitig aus. Befassen Sie sich daher genau mit dem Prozess und gewichten Sie die Zielsetzungen je nach Aufgabenstellung. Vor allem sollten Sie aber möglichst direkt zu Projektbeginn die Systemgrenzen festlegen. Dieses hilft Ihnen bei der Prozessbeschreibung, aber auch bei der Definition der Zielfunktion. Diese sollten Sie am Ende des Define-Schritts ausgehend von der Zielsetzung und der Prozessbeschreibung entwickeln.

Beschreiben Sie den Prozess

Nachdem Sie eine Zielvorstellung haben, ergeben sich weitere Fragen, die grundsätzlich zwei Bereiche betreffen: die Datenlage an sich und den Betrieb der Anlage samt bestehender Erfahrungen. Ausgangspunkt für die Diskussion ist, den Aufbau der Anlage zu analysieren und zu klären, welche Aufbereitungsschritte in die Modellierung einzubeziehen sind. Anhand eines Fließbildes sollten Sie die einzelnen Aufbereitungsschritte beschreiben. Abhängig vom Ziel können Sie anschließend die Grenzen für die Analyse ziehen. Nicht immer macht es Sinn, den gesamten Prozess einzubeziehen. Häufig hat jedoch die betrachtete Prozessstufe direkte Auswirkungen auf folgende Stufen, die gerade bei einer Kostenoptimierung nicht vernachlässigt werden können. Ist Ihr Ziel eine Ursachenanalyse, bspw. hinsichtlich der Qualität eines Produkts, können bereits vorhergehende Stufen entscheidend sein. Gehen Sie zunächst von der vermuteten Ursache aus, versteifen Sie sich aber nicht darauf. Auch wenn Sie die Systemgrenzen festgelegt haben, behalten Sie immer den gesamten Prozess im Blick.

Stellen Sie zielgerichtete Fragen

Für die Beschreibung des Prozesses möchte ich Ihnen ein paar grundlegende Fragen an die Hand geben, die sich für mich als hilfreich herauskristallisiert haben.

– Wie wird die Anlage gefahren, welche Größen werden wonach und wie geregelt?

– Was sind die Schlüsselgrößen des Prozesses?

– Welche (nicht beeinflussbaren) Störgrößen wirken vermutlich auf das System?

– Welche Zusammenhänge vermuten Sie zwischen den Größen?

– Wo liegen die verfahrenstechnischen Schwierigkeiten?

– Wo liegen Beschränkungen oder Grenzwerte, die in jedem Fall eingehalten werden müssen?

– Wie hoch ist die Bereitschaft, in den Prozess einzugreifen? Da datengetriebene Modelle nicht oder nur in sehr begrenztem Maße extrapolationsfähig sind, kann es gerade bei Optimierungsprojekten Sinn machen, den Prozess an bestimmte Betriebspunkte zu fahren, um die Datendichte in selten auftretenden Zuständen zu erhöhen. Diese Frage zielt nicht auf die in Six Sigma-Projekten übliche statistische Versuchsplanung hin, denn gerade in stark automatisierten Prozessen ist diese kaum durchführbar. Kristallisiert sich jedoch ein Optimierungspotential in einem Bereich heraus, in dem die Anlage bisher nicht oder nur selten betrieben wurde, sollte die Bereitschaft abgeklärt werden, den Prozess schrittweise und unter Berücksichtigung aller Sicherheitsaspekte in diesen Bereich zu fahren.

– Wo liegen die technischen Limitierungen? Möglicherweise wären Veränderungen einzelner Parameter sinnvoll, die jedoch aus technischen und oder betrieblichen Gründen nicht variierbar sind.

– Existiert ein Betriebshandbuch, um Prozessunstetigkeiten im Nachhinein nachvollziehen zu können?

– Gab es Veränderungen der Betriebsbedingungen und Anlagenumbauten, die es zu berücksichtigen gilt?

Strukturieren Sie das Projekt

Es ist überaus hilfreich, wenn Sie das Projekt gleich zu Beginn strukturieren. Hierzu ist die Festlegung der Systemgrenzen sinnvoll. Darüber hinaus sollten Sie aber auch die Prozessvariablen von vorne herein kategorisieren. Hier sind zunächst die Störgrößen zu benennen. Das sind Messwerte, die Sie nicht beeinflussen können, die aber ihrerseits einen Einfluss auf den Prozess haben. Dieses können bspw. die Außentemperatur sein oder auch bestimmte Rohstoffeigenschaften. Manipulierbare Variablen sind Parameter, die Sie direkt beeinflussen können und die somit als Optimierungsparameter zur Verfügung stehen, also bspw. eine Temperatur oder ein Durchfluss. Wichtig ist vor allem die Festlegung der Zielgrößen. Diese Parameter stellen messbar dar, inweiweit das Ziel erreicht werden kann. Einfachstes Beispiel ist hier sicherlich die Qualität eines Poduktes.

Durch die Einteilung können Sie nun einen funktionalen Zusammenhang zwischen den Störgrößen und den manipulierbaren Variablen gegenüber den Zielgrößen formulieren. Diese Funktion dient als Grundlage für die Analyse, kann aber auch unter Berücksichtigung aller Schranken als Optimierungsfunktion im Nachgang der Analyse herangezogen werden.

Fassen wir kurz zusammen

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Die Zusammenstellung der Informationen war interessant für Sie?

Dann begleiten Sie mich auch im nächsten Blogbeitrag, in dem ich Ihnen den Schritt Measure näherbringen werde. Hier lauern einige Fallstricke, die für den Erfolg einer Datenanalyse entscheidend sein können – denn diese steht und fällt mit der Qualität Ihrer Daten. Was Sie hier beachten müssen und wo Probleme auftreten können, lesen Sie hier.

Sollten Sie Fragen oder Anregungen zu diesem Beitrag oder für die nächsten Posts haben, zögern Sie nicht, uns einen Kommentar zu hinterlassen!


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